Die Farbe "rot"
"Rot" ist ein Teil der Bildketten ("metaphorische Verklammerung"), die Volker Klotz 1960 in "Geschlossene und offene Form im Drama" als Teil der seiner Meinung nach modernen "offenen Form" des "Woyzeck" identifiziert hat: "Die meisten der Bildketten ... münden in die Ermordungsszene ein. So die Bildketten "rot", "stechen" und "Messer", Blut ... die nahezu alle als Akkord in dem Bild zusammenklingen: >Was der Mond rot aufgeht! Wie ein blutig Eisen.<" Marie sieht ihren "roten Mund" in der Spiegelscherbe. Im ersten Handschriftenentwurf bemerkt Louis (der ursprüngliche Name der männl. Hauptfigur) "rote, rote Backen" an der weiblichen Figur (hier noch "Margreth Woyzeck") und es wird ihm rot vor den Augen, während der Narr "Blut riecht".
Der entscheidende Punkt, warum Woyzeck (bzw. Louis) 'rot' sieht, liegt keineswegs an der Behandlung des Soldaten durch Hauptmann und Doktor, oder, vorsichtiger ausgedrückt, könnte es auch umgekehrt sein, dass die beiden Woyzeck nämlich so behandeln, weil er etwas an sich hat, was diese Behandlung provoziert. Wie herum die Sache anzusehen ist, muss explizit begründet werden. Diese Frage wird im Zusammenhang der 'metaphorischen Verklammerung durchaus klar beantwortet, bislang aber nicht zur Kenntnis genommen. Das heißt, wenn man das Motiv 'Messer' und 'stechen' als Teil der Bildketten konsequent gelten lässt, dann führt Maries Ausruf: "Das Kind gibt mir einen Stich ins Herz" zu der Klärung des Problems und zu einer angemessenen Interpretation.